8. Mai nicht Putin-Parade überlassen

Am Jahrestag des Siegs über den Nationalsozialismus gingen in Frankfurt über 100 Menschen für Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden auf die Straße.

8. Mai nicht Putin-Parade überlassen

Der Aufruf zur Demonstration am 8. Mai 2023 kam vom Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“. Da der Gedenktag an das Ende des Nationalsozialismus diesmal auf einen Montag fiel, wollte das Bündnis die Straßen nicht der „wöchentlichen Putin-Parade“ überlassen. Damit spielten die Organisatoren auf die „Frankfurter Freigeister“ an. Diese Gruppierung, die früher gegen Corona-Maßnahmen protestierte, marschiert seit Kriegsbeginn fast jeden Montag durch Frankfurt.

Auch am 8. Mai 2023 trafen sich die Freigeister mit Russland-, Deutschland- und Pegida-Flaggen, rechtsradikalen Symbolen sowie blau-weißen Friedenstauben, diesmal am Brunnenplatz. „Unser traditioneller Veranstaltungsort für die Montagsdemo, der Marktplatz, wurde für den 8. Mai von Unterstützern des Ukraine-Krieges okkupiert“, beklagten die Geister im Internet. „Wir raten allen unseren Montags-Mitstreitern dringend davon ab, diese Veranstaltung von Unterstützern der Ukra-Faschisten zu stören.“

Die Unterstützer der „Ukra-Faschisten“, darunter Deutsche, Polen, Russen und Ukrainer, Mitglieder von Frankfurts jüdischer, katholischer und evangelischer Gemeinde, der Antifa und des Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverbands, begannen ihre Veranstaltung mit einem Redebeitrag des Hochschulseelsorgers René Pachmann. Der erklärte, warum es nicht ausreicht, nur allgemein für Frieden zu sein. „Man muss auch bereit sein, Frieden und Freiheit zu verteidigen“, findet der Katholik.

Vom Marktplatz zog die Demonstration an die Friedensglocke. Hier gedachte Maike Dörnfeld vom Organisations-Team der Frankfurt-Słubicer Pride-Parade der homosexuellen Opfer des Nazi-Regimes und bat die Anwesenden, „aktiv dafür einzustehen, dass sich so etwas nicht wiederholt.“

Danach ging es die Magistrale entlang zum Synagogen-Gedenkstein auf dem Brunnenplatz. Dort plante die Demonstration eine Schweigeminute für die Opfer des Holocaust. Allerdings besetzten über 200 Putin-Anhängerinnen und -Anhänger immer noch den Platz. Sie beantworteten Sprechchöre der Antifa mit Trillerpfeifen und Tröten.

Nach Rücksprache mit der Polizei zog die Demonstration weiter zum sowjetischen Ehrenmal auf dem Anger. Es folgten Redebeiträge, die sich mit der Geschichte des Siegs über den Nationalsozialismus beschäftigten und der westlichen Tendenz, die Sowjetunion mit dem heutigen Russland gleichzusetzen. Mehr als Russland litten Weißrussland und die Ukraine damals unter Besatzung und Krieg. 1944 stammte rund jeder dritte Soldat der Roten Armee aus der Ukraine. Über sieben Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer wurden im Zweiten Weltkrieg getötet.

Dr. Karl-Konrad Tschäpe, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums Viadrina, erinnerte daran, dass der Weltkrieg erst nach der Annexion Österreichs und der Tschechoslowakei ausbrach. Die internationale Gemeinschaft versäumte damals die Chance, Hitler einzudämmen. Nach dem Bruch des Hitler-Stalin-Pakts unterstützten die USA und Großbritannien die Sowjetunion, finanziell und mit Waffen. Mit einer Schweigeminute am Synagogenstein, der inzwischen frei war, endete die Gedenkveranstaltung.

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