Polizeiübungen im alten Theater

Frankfurts Stadtoberhaupt verteidigt die Nutzung des ehemaligen Kleist-Theaters für Übungen der Bundespolizei.

Polizeiübungen im alten Theater

Während der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, dem 25. Juni 2020 stellten Stefan Kunath und Jan Augustyniak aus der Fraktion Die Linke/Bürgerinitiative Stadtumbau eine Anfrage zur Polizeiübung, die Anfang des Monats im leerstehenden Kleist-Theater stattfand.

„Das ehemalige Kleist-Theater/Musikheim im Stadtteil West steht unter Denkmalschutz“, eröffnete Stefan Kunath (Die Linke) die Anfrage in der Stadtverordnetenversammlung. „Nach Einschätzung der Fragestellenden verbinden viele Frankfurterinnen und Frankfurter eine positive Erinnerung an das Gebäude und die dort stattgefundenen kulturellen Veranstaltungen.“

In diesem Zusammenhang stellte Kunath dem Oberbürgermeister die Fragen: „Welche Kriterien sollte der Übungsort Kleist-Theater/ehemaliges Musikheim für die Bundespolizei erfüllen? Wie viele Übungen in welchem Ausmaß wurden von der Bundespolizei im Objekt angefragt? Wie viele wurden unter welchen Auflagen beschieden? Sind durch die Übungen Schäden entstanden? Wie werden diese dokumentiert? Wer haftet für etwaige Schäden am Objekt? In welchen Liegenschaften in öffentlicher Hand wurden von Bundespolizei, Landespolizei und weiteren Polizeiverbänden Übungen durchgeführt? In welchen sind zukünftige Übungen angefragt?“

Oberbürgermeister René Wilke reagierte persönlich auf die Anfrage seiner Parteigenossen: „Zunächst einmal, Herr Kunath, sprachen Sie von der positiven Assoziation des Gebäudes. Ich denke, auch ein Training, um Menschenleben zu retten, steht einer positiven Assoziation nicht entgegen.“ Hier erntete Wilke Beifall aus den Reihen der AfD-Fraktion. Die Polizei müsse in der Lage sein, auf extreme Situationen adäquat zu reagieren, und dafür gut ausgebildet sein, findet der Oberbürgermeister. „Wenn man das eine möchte - ausgebildete und gut trainierte Polizei - muss man das andere ein Stück weit auch mögen.“

Auf die Fragen der linken Stadtverordneten antwortete Wilke, die Übungen dienen der Vorbereitung auf Amokläufe, Raubüberfälle, Grenzkriminalität und so weiter: „Die Gebäude, die durch die Polizei genutzt werden, sind alte leerstehende Gebäude oder Gebäudeteile, von denen eine weitere Nutzung kurzfristig nicht zu erwarten ist.“ Bei den Übungen werde keine scharfe Munition verwendet. Geplant sind drei bis vier Übungen im Monat für jeweils um die zwanzig Polizistinnen und Polizisten. Die Polizei informiert die Stadt drei Tage vorher über geplante Übungen. Anwohner werden per Post und Handzettel benachrichtigt.

„Bislang liegen uns exakt zwei Beschwerden vor, von Anwohnerinnen und Anwohnern, die das nicht so prickelnd finden“, erklärte René Wilke. Einwände vom benachbarten Gauß-Gymnasium gäbe es keine. Schäden an dem denkmalgeschützten Gebäude seien nicht entstanden und auch nicht zu erwarten, sagt Wilke. Die Übungen finden nicht im denkmalgeschützten Bereich statt, versichert der Oberbürgermeister. Ähnliche Übungen erfolgten bereits in der ehemaligen Grundschule an der Bischofstraße. Angefragt wurde weiterhin der ehemalige Schlachthof, das spätere Obdachlosenheim am Kliestower Weg.

Das 1928 erbaute Musikheim in der Nuhnenvorstadt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zum Kleist-Theater. Jahrzehntelang galten dieses Opern- und Schauspielhaus und das dazugehörige Theater-Café als Frankfurts kultureller Mittelpunkt. Im Zuge von Sparmaßnahmen schloss die Stadtverwaltung im Jahr 2000 Theater und Café und gab das Gebäude dem Verfall preis. Stattdessen investierte die Stadt Millionen in das Kleist Kongress- und Kulturzentrum (KKK) am Platz der Einheit, das sie in „Kleist Forum“ umbenannte, als sie erfuhr, dass die Abkürzung KKK bereits dem rassistischen Ku-Klux-Klan gehört.

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