Am 9. November 2022 erinnerten am Gedenkstein der Frankfurter Synagoge über 200 Menschen an die Reichspogromnacht. In der Nacht vom 9. zum 10. Dezember 2022 schändeten Unbekannte den Gedenkstein, zerrissen dort niedergelegte Blumengebinde und Kränze, und warfen die Grabkerzen auf die Straße.
Am Samstagmorgen um 9 Uhr meldeten Zeugen die Sachbeschädigung der Polizei. Der Gedenkstein befindet sich auf dem Brunnenplatz im Bereich des Weihnachtsmarkts. „Ermittlungen bei den Marktstandbetreibern erbrachten keine Hinweise auf Tatverdächtige“, teilt Ronny Sonnenburg von der Polizeidirektion Ost mit. „Die eingesetzten Beamten dokumentierten die Beschädigungen, nahmen eine Anzeige wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung auf, richteten die verbliebenen Gestecke wieder so her, dass ein ehrendes Gedenken möglich ist und säuberten den Bereich von abgerissenen, umhergeworfenen Pflanzenteilen. Ermittlungen zu Tatverdächtigen und Motivlage werden von der Kriminalpolizei geführt.“
Frankfurts Stadtverwaltung bezeichnet die Tat als traurigen Höhepunkt einer Reihe von Übergriffen der vergangenen Wochen. „Zum einen waren Personen mit Migrationshintergrund beteiligt. Zum anderen machten sich offenkundig rechtsradikale und antisemitisch motivierte Personen zuletzt verschiedener Delikte schuldig. Darunter Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Beleidigung und Bedrohung“, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung der Stadt.
„Wer in dieser internationalen Stadt leben möchte, hält sich an die Regeln eines respektvollen Miteinanders oder hat mit Konsequenzen zu rechnen“, warnt Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke (Die Linke). „Unsere aufmerksame und aktive Zivilgesellschaft ist seit jeher unsere größte Stärke. So ist es auch jetzt. Hass und Gewalt haben in unserer Stadt keinen Platz, vollkommen egal, wer sie auszuüben versucht.“
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ verurteilt die Entweihung des Gedenksteins. „Diese verachtenswerte Schändung fügt sich ein in eine Reihe rechtsradikaler Gewalttaten, die in den letzten Monaten in der Oderstadt stattfanden“, schreibt Jan Augustyniak, Sprecher des Bündnisses. „Neofaschistische Gewalt gehört in Frankfurt (Oder) leider scheinbar wieder zum Alltag. Die Provokationen durch Neonazis sind nicht länger hinnehmbar. Es ist notwendig, dass die Frankfurter Zivilgesellschaft Stellung gegen Rassismus und Antisemitismus bezieht.“
Auch Michael Möckel, Vorsitzender der Frankfurter CDU, verurteilt die Tat: „Ich kann nicht nachvollziehen was in den Köpfen der Menschen vor sich geht die sowas machen. Ich hoffe, es gibt genug Zeugen, die die Tat beobachtet haben und die Täter bei der Polizei melden.“
In derselben Nacht gegen 22:20 Uhr fragte eine elfköpfige Gruppe nahe der Franz-Mehring-Straße einen 31-Jährigen nach Zigaretten. Als er verneinte, wurde er aus der Gruppe heraus angegriffen, geschlagen und getreten. Dem Geschädigten gelang die Flucht. Erst später bemerkte er, dass ihm persönliche Sachen fehlten. Das Opfer beschrieb die Angreifer als 18- bis 20-jährig, zum Teil deutsch, zum Teil arabischstämmig. Ob dieselben Täter den Gedenkstein schändeten, steht noch nicht fest.